Hast du Dich schon einmal in einer Diskussion über Prostitution unsicher
gefühlt? Fehlten Dir vielleicht die richtigen Argumente? Dann ging
es Dir nicht alleine so.
Diskussionen über Prostitution wecken meist starke
Emotionen. Es handelt sich um ein bewegendes Thema, insbesondere, da es
uns persönlich betrifft. Denn es geht auch um unsere eigene Sexualität,
unsere eigenen Wahrnehmungen und unser Bild von anderen. Genau deshalb ist
es so wichtig, dass wir uns gegenseitig in der Argumentation unterstützen!
Gemeinsam sind wir viele und können bedeutend leichter Argumente finden.
Die häufigsten Argumente
Wir haben versucht die häufigsten Argumente in diesem Heft zusammenzutragen
und hoffen, dass Dir diese bei Diskussionen eine Hilfe sind. Denke ebenfalls
daran, dass du das Recht auf eine eigene Meinung hast, auch wenn du keine
guten Argumente findest.
Denke auch nicht, dass du eine Diskussion „gewinnen"
musst. Die meisten Menschen sind oft nicht durch gute Argumente zu überzeugen.
In der Regel braucht es zahlreiche Diskussionen sowie viel Zeit des Nachdenkens
über die Argumente, bis sich eine persönliche Ansicht über
ein Thema ändert.
Gerade deshalb ist es auch sehr wichtig, dass wir all
diese Diskussionen im Alltag führen. Gebt nicht auf!
Der Sexhandel ist nichts Neues in unserer Zeit.
Er ist ein Teil der sexuellen Unterdrückung und der Misshandlung von
vor allem Frauen und Kindern. Es gab ihn zu allen Zeiten in der Geschichte
der Menschen. Aber auch der Sexhandel hat sich – wie andere Handelsbräuche
– verändert. Mit der Industrialisierung ist der Sexhandel zu
einer
Industrie geworden – eine weltweite
Industrie, die jährlich viele Milliarden verdient. Mitunter legal,
aber vielfach wird sie auch von kriminellen Organisationen geführt.
Heute ist der Sexhandel eines der grössten und meist
profitablen Geschäftsbereiche. In diesem Geschäftsbereich handelt
es sich um Strassenprostitution, Bordelle, „Massageinstitute”,
Striptease, Menschenhandel mit dem Ziel sexueller Dienstleistung, Sexclubs,
Telefonsex, Kinder- und Erwachsenenpornograhie, Frauen, die aus anderen
Ländern für eine Ehe bestellt werden sowie um den Prostitutionstourismus
– um einige Beispiele zu nennen.
Unterdrückung von Frauen
An diese Hintergründe sollte gedacht werden, wenn wir sehen wie prostitutionsverherrlichende
Berühmtheiten und andere Leute, die ihre Meinung in Zeitungen, im Fernsehen
oder im Internet, Prostitution als etwas sexuell „Befreites”
oder sogar als „das Recht der Frauen mit ihren Körpern zu tun
was sie wollen” darstellen.
Menschen, die die Prostitution akzeptieren oder sogar
verherrlichen, stellen diese oft so dar, als würde es sich lediglich
um „diese eine Frau” und „diesen einen Mann” handeln.
So als geschehe die Prostitution in einem Vakuum, völlig unberührt
und unbeeinflusst von Normen und Machtstrukturen der Geschlechter in unserer
Gesellschaft. Sie sehen nicht oder wollen nicht sehen, dass es bei der Prostitution
um die
Sexualisierung von Macht geht. Macht
geht vom Geschlecht aus, Macht geht von Gesellschaftsklasse aus und Macht
geht von Etnizität aus.
Prostitution existiert jedoch – wie alles in einer
Gesellschaft – in einem Zusammenhang und Prostitution prägt auch
alle anderen Ansichten und Einstellungen – wie z.B. das Frauen- und
Männerbild in einer Gesellschaft.
Puritanische Sexualtradition
Die Prostitution stammt aus einer puritanischen Sextradition, in der lediglich
die Sexualität des Mannes galt. Die Ehefrauen oder „Huren”
waren für den heterosexuellen Mann da.
Die
grundlegenden Vorraussetzungen
für die Prostitution sind, dass die oder derjenige, der sich prostituiert
eigentlich
keinen Sex mit einem Käufer
haben möchte. Der Sexkäufer bestellt und zahlt für etwas,
was er tun bzw. gemacht haben möchte. Ihre eventuelle Sexualität
wird ”weggekauft”. Da der Sexwunsch in der Prostitution alleine
vom Käufer ausgeht wird die Prostituierte bezahlt.
Täter und Prostitutionsverherrlicher
Wenn es um die Sexkäufer in der Prostitution geht, beschreiben wir
sie mitunter als
Prostitutionstäter.
Das tun wir, um die Ähnlichkeit mit anderen Sexual-verbrechen zu zeigen.
Wir wollen das, was sie tun, nicht verharmlosen.
Diejenigen, die die Prostitution und deren Folgen bagatellisieren
und die sie als „Sexarbeit” beschreiben, benennen wir auch als
das, was sie wahrlich sind –
Prostitutionsverherrlicher.
Männer kaufen Frauen
Wir schreiben auch über
Männer, die
Frauen kaufen, wenn es um
Sexkäufer geht
und über
Frauen, wenn es
sich
um Prostituierte handelt. Das tun wir, weil bei der absolut üblichsten
Form von Prostitution in Schweden, wie auch in der ganzen Welt,
Männer
Frauen kaufen.
Es ist schwer abzuschätzen in wie weit sie auch Kinder
kaufen, weil es in der Prostitution oft um junge Mädchen geht, die
nicht mehr als Kinder betrachet werden, obwohl sie es eigentlich noch sind.
Dass Männer prostituierte Männer kaufen, ist
nicht ebenso üblich, aber doch die zweit üblichste Form von Prostitution.
Auch in diesen Fällen sind es oft Kinder oder Jugendliche. Bedeutend
seltener ist es, dass Frauen Männer kaufen und am seltensten dass Frauen
Frauen kaufen. Aber alle Formen existieren.
Und selbstverständlich sind wir gegen alle Formen
von Prostitution.
Die meisten Männer sind keine Prostitutionstäter
Dass wir bei Prostitutionstätern oder Sexkäufern von ”Männern”
schreiben, bedeutet nicht, dass wir glauben, dass alle Männer Prostitutionstäter/Sexkäufer
sind oder sein möchten. Die Untersuchungen die es gibt und die zeigen,
wie viele Männer in Schweden Prostituierte ausgenutzt haben, sind nicht
sicher. Aber eine heute aktuelle Zahl sagt, dass ungefähr jeder zwölfte
Mann sich auf diesem Gebiet betätigt.
(Siehe Argument
Nr. 30.) Die allermeisten Männer sind also
keine
Prostitutionstäter..
Leider gibt es jedoch viel zu wenig Männer, die,
wenn sie mit männlichen Freunden oder Arbeitskollegen zusammen sind,
von Prostitution Abstand nehmen.
Diskutiere mehr!
Wenn du mehr darüber diskutieren möchtest, doch Hilfe dabei brauchst,
bekommst du hier viele gute Tips in den 49 Argumenten, die wir in dieser
Schrift gesammelt haben!
Es ist typisch in unserer Zeit zu sagen, dass alles geht, wenn es um dich
als Mensch/Individuum geht – aber wenn es um politische Veränderungen
geht, sagen viele, dass das eine oder andere
nicht
möglich ist.
Als ob es so wäre. Als ob es so wie es JETZT ist,
das einzig Mögliche wäre – weil wir Menschen nun einmal
so sind, weil die Wirtschaft/die Absatzgebiete so funktionieren, weil die
Globalisierung es so will oder was uns am besten in den jeweiligen Zusammenhang
passt. Die Welt wirkt
vorausbestimmt und
unmöglich
zu verändern.
Aber das ist natürlich nicht wahr. Es gibt fast immer
Alternativen. Die Welt ist jetzt genauso veränderbar wie sie immer
gewesen ist.
Die Geschichte hört nicht heute
auf.
Deshalb ist es gut, daran zu denken, dass diejenigen,
die der Meinung sind, dass etwas unmöglich ist, oft auch diejenigen
sind, die keine Veränderung wollen.
Das Wichtigste ist, was du selbst ändern möchtest.
Deshalb müssen wir viele werden, die ein Thema voran treiben, damit
etwas verändert werden kann. Aber es geht!
Gerade weil wir überall genau das Gegenteil zu hören
bekommen, ist es gut sich daran zu erinnern, dass die Welt und die Gesellschaft
veränderlich sind. Alle können hierzu beitragen!
Prostitution hat schon immer existiert.
(Subtext: deshalb wird es sie immer geben, dies geht
nicht zu verändern.)
Sklaverei hat auch „immer existiert", macht es sie akzeptabel?
Prostatakrebs hat „immer" existiert, bedeutet dies, dass wir
aufhören sollen ihn behandeln zu lassen? Mord hat „immer"
existiert ... und so weiter ...
Die Frage ist doch, ob wir etwas für akzeptabel halten
oder nicht. Wenn wir
nicht der Meinung sind,
dass Prostitution in Ordnung ist, dann ist es Zeit darüber nachzudenken
was wir tun können um die Verhältnisse zu ändern.
IN DER VERGANGENHEIT WAR ES ÜBLICH Kinder
bei Fehlverhalten zu schlagen. Dank des schwedischen Gesetzes gegen Kindesmisshandlung,
schlagen heute weniger Schwed_innen als je zuvor ihre Kinder. Die Menschen
haben ihre Sichtweise zu körperlicher Züchtigung verändert.
Kindesmisshandlung ist nicht verschwunden, aber je weniger Kinder darunter
zu leiden haben, umso besser. Oder?
So sehen wir auch das Problem mit Prostitution, Vergewaltigung
und Misshandel von Frauen; Gesetze lassen die Unterdrückung von Frauen
nicht verschwinden, doch Gesetze können gut und hilfreich sein –
je weniger Frauen unter Prostitution, Vergewaltigung und Misshandel zu leiden
haben, desto besser ist es, nicht wahr?
ODER BIST DU ETWA DER MEINUNG, dass heterosexuelle
Männer eine genetische/biologische Neigung zur sexuellen Ausbeutung
von Frauen haben, anstatt einvernehmliche sexuelle Begegnungen zu bevorzugen
(ob One-Night-Stand oder langfristig)?
Ich habe nicht so ein schlechtes Männerbild!
Prostitution ist das älteste Gewerbe/Der älteste
Beruf der Welt.
Prostitution ist nicht das älteste Gewerbe/Der älteste Beruf auf
der Welt, da Prostitution
Unterdrückung
ist. Wenn Prostitution tatsächlich bereits so lange existiert wie du
behauptest, dann ist es die älteste Form von
sexueller
Gewalt gegen Frauen.
Die älteste
Beruf der
Welt ist eher Schamane, Jäger oder Bauer. Einige sagen, die Hebamme.
JEDEN TAG UND JEDE MINUTE leiden zahllose Frauen
und Kinder in der Prostitution. Dazu einfach zu sagen, „das gab es
schon immer" oder "das ist der älteste Beruf der Welt"
trivialisiert ihr Leid und zieht es ins Lächerliche.
Du meinst hiermit ebenfalls, dass
du
nicht gewillt bist irgend etwas an der Unterdeückung zu ändern.
SO WIE ICH DAS SEHE, scheint diese Bezeichnung „ältestes
Gewerbe der Welt” tatsächlich
„die
älteste Entschuldigung der Welt" zu sein.
Manche reden von „Trafficking” oder Menschenhandel als wäre
das etwas ganz anderes als die ganze andere Prostitution. Aber
alle
Prostitution basiert darauf, dass ein Prostitutionstäter sich Zugang
zu einem anderen Menschen kauft, um diesen auf die Art und Weise zu benutzten,
für die er bezahlt.
Der Käufer ist der Grund
für alle Prostitution. Prostitution gibt es, weil Prostitutionstäter
ihre Sexualität zum einseitigen Konsum kanalisiert haben. Sie nehmen
sich das Recht andere auszunutzen und ihnen ihre eigenen sexuellen Bedürfnisse
oder Wünsche „wegzukaufen”.
Jede Art von Prostitition hat die gleichen Folgen, betreffend
der Einstellung gegenüber Frauen in der Gesellschaft.
Natürlich bin ich gegen Menschenhandel, aber normale
Prostitution ist etwas anderes.
Inwiefern? Natürlich gibt es endlose Variationen – einige Prostituierte
müssen „nur” wenige Sexkäufer im Monat bedienen (vielleicht
in einem noblen Hotel) während andere gezwungen sind 15 Männer
jede Nacht im Bordell, geführt von einem Menschenhändler, zu bedienen.
Dazwischen gibt es zahlreiche Variationen. Aber Tatsache ist, dass zwar
das Ausmaß und Zwang variieren, aber das ändert nichts am Phänomen
selbst: Prostitution basiert immer darauf, dass jemand sich Zugang zum Körper
eines anderen Menschen kauft um diesen sexuell zu benutzen.
PROSTITUTION BESTEHT immer in der Erwartung, dass die Prostituierte,
die den Prostitutionstäter bedient,
keinen
Sex mit ihm haben möchte. Der Prostitutionstäter zwingt
seine eigene Sexualität einem anderen Menschen
auf – er kauft sich „frei" von jeglicher Verantwortung.
Das ist das Phänomen der Prostitution.
Menschenhandel für Prostitution beruht auf Manipulation,
„normale” Prostitution auf freie Wahl.
Nein, so einfach ist das nicht. Sicherlich wurde einigen vom Menschenhandel
ausgenutzten Frauen Glauben gemacht, dass sie einen angenehmen und gut bezahlten
Job bekommen würden, z.B. in einem Café. Aber andere wussten,
dass sie in der Prostitution arbeiten werden – auch wenn sie über
das Ausmaß, in dem sie benutzt werden würden angelogen wurden
oder darüber, wie viel sie verdienen werden. Aber auch betreffend der
„normalen" Prostitution werden viele Mädchen hereingelegt.
Deshalb kannst du diesen Unterschied nicht so behaupten.
AUSSERDEM IST DAS MIT der „freien Entscheidung" auch nicht
so einfach.
(Siehe "Freie Entscheidung?".)
Menschenhandel für Arbeitskraft ist ein viel größeres
Problem, Menschenhandel für Prostitution ist eher ungewöhnlich.
Nein, das ist ein Mythos. Es ist sehr schwierig an genaue Zahlen zu kommen,
aber nach einem Bericht der UN aus dem Jahr 2009 dient 79 % des gesamten
weltweiten Menschenhandels sexuellen Zwecken.
*
Der Bericht bezieht sich auf 155 Länder.
FÜR DIEJENIGE, DIE AUSGENUTZT WIRD bedeutet
Menschenhandel Isolation, Drohungen, Abwertungen und Erniedrigungen, psychische
und sexuelle Gewalt, Manipulation, Folter und tägliche Kränkungen/Grenzüberschreitungen.
Dies führt zu fysischen und psychischen Schäden und im schlimmsten
Fall zum Tod.
**
Was Menschenhandel besonders schwierig für das Opfer macht,
ist das die traumatischen Erfahrungen ständig wiederholt werden und
in einem Kontinuum stattfinden – im Gegensatz dazu, wenn du einem
einmaligen schlechten Erlebniss ausgesezt wirst.
Die meisten Männer wollen keinen Sex von Frauen kaufen,
die diesen nicht wollen.
Tja, da gibt es einen Unterschied zwischen dem was sie sagen und dem was
sie tun.
Natasja Tenjeva, ein russisches
Mädchen, welches im Menschenhandel in Schweden ausgenutzt wurde, hat
gesagt, dass diejenigen die denken, dass Männer keinen Sex von Prostituierten
im Menschenhandel kaufen wollen, naiv sind.
„Männer
haben schlicht und einfach die Tatsache ignoriert, dass ich mich schlecht
gefühlt habe, denn das war der einfache Weg. Denn wenn sie sich mit
dem von ihnen verursachten Leid befasst hätten, dann hätten sie
sich auch ihre eigene Schuld eingestehen müssen."
ES GIBT OPFER VON MENSCHENHANDEL, die bezeugt
haben, dass sie den Sexkäufern mitgeteilt haben, dass sie im Menschenhandel
ausgenutzt werden, -die Täter machten trotzdem weiter.
DAS ES SO IST zeigt auch eine schwedische Studie,
in der Prostitutionstäter
behaupteteten, dass sie keine Prostituierte, die im Menschenhandel ausgenutzt
werden, kaufen würden. Aber viele von ihnen taten es trotzdem - manchmal
weil sie den Unterschied nicht erkennen konnten oder wollten und mitunter
auch obwohl sie wussten, dass die Frauen im Menschenhandel ausgenutzt wurden.
*
Als sie hierzu befragt wurden, antworteten die Prostitutionstäter
mit Argumenten wie:
„Ich war zu geil."
„Es passierte zu schnell."
ABER GLAUBST DU WIRKLICH, dass der Mann so viel
besser ist, der „nur dann” für den Zugang zu einem Mädchens
bezahlt, wenn er glaubt, dass es sich nicht um ein Opfer im Menschenhandel
handelt?
Prostitution bedeutet, dass der
Täter dafür bezahlt, um Sex zu haben mit jemandem der dies
nicht
möchte.
Ich denke, er will seine eigene Verantwortung abgeben indem
er sich mit noch schlimmeren Prostitutionstätern vergleicht.
Es geht bei Prostitution um
sexuelle Gewalt und
Macht, und aus diesem Grund hängt unsere Sichtweise über
Prostitution davon ab, mit wem wir uns identifizieren: mit dem Täter
oder mit der prostituierten Person.
Um dich mit den Prostitutionstätern zu identifizieren
und ihre Meinung zu akzeptieren, musst du dich zunächst - bewusst oder
unbewusst - von denjenigen, die in der Prostitution ausgenutzt werden distanzieren. Ein
Argument, welches viele Prostitutionsverherrlicher in Schweden verwendet
haben, ist, dass Frauen der Arbeiterklasse ein „direkteres Verhältnis
zu ihrem Körper haben" als die Frauen der Mittelschicht - also
bedeutet Prostitution für „diese” etwas anderes.
Und viele versuchen die Tatsache, dass Männer aus
westlichen Ländern asiatische Frauen im Prostitutionstourismus benutzen,
so zu erklären, dass asiatische Frauen - „die anderen”-
nicht so wie schwedische Frauen seien.
Solche Erklärungen sind selbstverständlich sowohl verachtend gegenüber
einer sozialen Schicht als auch rassistisch.
Nicht unsere persönlichen Eigenschaften entscheiden
darüber ob wir prostituiert werden, sondern unsere Lebensumstände.
Prostituierte sind wahrscheinlich nymphoman...
Wenn es nymphomanische Frauen gibt, also Frauen die eine sehr ausgeprägte
Libido haben, würden sie nicht eher Männer bevorzugen, die
sie
auch sexuell befriedigen?
Ist es nicht sehr unlogisch, dass gerade diejenigen, die
einen
sehr starken Sexualtrieb haben, auch diejenigen
sein sollen, die sich auf einen Handel einlassen würden, bei dem ihre
eigenen sexuellen Bedüfnisse
vernachlässigt
werden und sie
stattdessen dafür bezahlt
werden die Wünsche der „Kunden” zu erfüllen?
Frauen in Asien sind arm und durch den Sextourismus verdienen
sie sich wenigstens ein wenig Geld.
Haben asiatische Frauen nicht das Recht auf ein angenehmes Leben ohne dafür
die Schwänze von westlichen Männern lutschen zu müssen? Für
mich hört sich das nach „altem, reaktionärem, westlichen
Kolonialismus"
* an.
Die Sex-Tourismusbranche und einzelne Zuhälter verdienen
an armen Frauen in der Prostitution, in z.B. Thailand. Aber dies ist keine
wirkliche Hilfe, weder für die Frauen noch für das Land. Genau
das Gegenteil ist der Fall - sie schafft Abhängigkeit vom Westen, von
Tätern, und hält die Wirtschaft in Armut anstatt ihnen die Chance
zu geben sich zu entwickeln.
Ich bin nicht nur wegen der
Unterdrückung
der Frauen gegen Prostitution, ich bin auch gegen ihre
rassistische
und
imperialistische**
Unterdrückung!
Diejenigen, die gegen das schwedische Prostitutionsgesetz sind, sind meistens
der Ansicht, dass das Problem mit der Prostitution sei, dass sie nicht als
Beruf gesehen wird - „Sexarbeit". Wenn es so wäre, dann
würden Prostituierte Steuern zahlen, wären krankenversichert und
hätten andere soziale Rechte. Das Stigma der Prostitution würde
auch verschwinden, behaupten sie.
*
Aber sie sprechen kaum über die Situation in den
Ländern, in denen Prostitution
bereits
als „Sexarbeit" angesehen wird. So ist es zum Beispiel in Deutschland
seit 2002.
Eine temporäre Lösung
In einer Beurteilung des deutschen Prostitutionsgesetzes gaben nach fünf
Jahren lediglich
1 % (ein Prozent) der befragten
prostituierten Frauen an, einen Arbeitsvertrag als Sexarbeiterin zu haben.
**
(Weitere einzelne Prozent hatten eine Krankenversicherung als freiberufliche
„Sexarbeiterinnen”.) Die meisten wollten
keinen
Arbeitsvertrag. Auf die Frage weshalb, gab die Mehrzahl an, dass sie Prostitution
als
temporäre Lösung aufgrund
einer schwierigen finanziellen Situation sahen und als etwas, von dem sie
weg kommen wollten.
Viele waren auch darüber besorgt, dass sie dann keine
eigenen Entscheidungen mehr treffen könnten – wie zum Beispiel
manche Männer oder auch bestimmte Wünsche der Männer abzulehnen.
Oder darüber, dass sie mehr Männer empfangen müssten als
es ihnen möglich wäre.
Wenn Prostitution als Sexarbeit bezeichnet wird, dann
applaudieren nur die Täter - Zuhälter und Menschenhändler.
Wenn Prostitution als „Ware” oder „Dienstleistung"
dargestellt wird, dann werden die
Machtstrukturen
unsichtbar gemacht.
Jede Form von Lohnarbeit ist Sklaverei!
– Es gibt keinen großen Unterschied zwischen dem
Verkauf des Körpers im Bergbau und zwischen dem Verkauf in der Prostitution.
Siehst Du als Mann (denn normalerweise benutzen dieses Argument linke Männer),
hier wirklich nicht den Unterschied zwischen einer Arbeit im Bergbau und
darin, deinem Boss mit der Hand einen runterzuholen? Oder zwischen einer
Frau, die in dein Büro kommt um es zu putzen und mit einer Frau die
zu dir kommt um Dir einen zu blasen?
Ich sehe
hier den Unterschied!
DENKE DARÜBER NACH WAS TATSÄCHLICH
in der Prostitution passiert: ein Mann zwingt seine Sexualität einer
Frau auf ohne ihre Sexualität zu berücksichtigen – unter
anderen Umständen würde
dies sexuelle
Belästigung, sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung genannt
werden.
Natürlich steckt die Idee dahinter, dass
Geld
diese sexuelle Unterdrückung in „Sexarbeit" verwandeln würde.
Aber wie können dieselben sexualisierten Handlungen gegen die die Frauen
und Mädchen kämpfen, und dieselben sexualisierten Handlungen,
die normalerweise vom
Gesetz her als sexuelle Gewalt
oder Nötigung definiert werden, plötzlich als „Arbeit”
definiert werden?
Wie willst du zum gewerkschaftlichen Kampf motivieren,
der das Ziel hat, nicht weiter unter sexueller Belästigung und Gewalt
zu leiden, wenn diese – manchmal – als „Arbeit”
gesehen werden soll?
VIELLEICHT SOLLTEST DU eine neue Betrachtungsweise
versuchen:
Sie haben bereits unseren Körper, aber
sie sollen verdammt noch mal unsere Sexualität in Ruhe lassen!
Es ist nicht merkwürdiger Sex anzubieten als Massage
oder Fusspflege.
Selbstverständlich ist es das. Bei der Arbeit verkauft jede_r seine
Arbeitsfähigkeit, aber Prostitution hat ebenfalls Auswirkungen auf
unsere
Sexualität. Ohne Sexualität
zu romantisieren ist es doch einfach, unsere Sexualität als integralen
Bestandteil unserer Persönlichkeit zu sehen. In unserer Sexualität,
Lust oder Offturner – spielen während des Sexes unsere früheren
sexuellen Erfahrungen eine Rolle. Für diejenige, die in der Prostitution
ausgenutzt wird, wird jede sexuelle Erfahrung Teil der eigenen Sexualität
- auch wenn versucht wird, das Ganze als getrennt von sich selbst zu betrachten.
Aus diesem Grund sprechen viele Frauen nach der Prostitutionszeit
von einer geteilten Identität, einem geteilten ICH. Viele gewöhnen
sich daran ihre Gefühle während der Prostitution zu unterdrücken,
aber sie stellen fest, dass es schwierig ist, sich wieder mit ihnen zu verbinden
wenn sie es versuchen. Prostitution ist etwas völlig anderes als ein
normaler Beruf.
EIN PROSTITUTIONSKAUF ist für den Prostitutionstäter
auch nicht irgendein Kauf, weil auch seine Sexualität davon betroffen
ist. Ebenso
ihre Haltung gegenüber Frauen
allgemein. Es ist kaum ein Zufall, dass insbesondere in den Rotlichtvierteln
von Amsterdam Frauen und Mädchen mehr belästigt werden als anderswo.
Prostituierte wollen, dass Prostitution als "Sexarbeit"
bezeichnet wird.
Wollen sie das wirklich? Oder sind das einige vereinzelte Blogger, oder
die wenigen Frauen, die behaupten für alle zu sprechen, indem sie in
den Medien immer über „
uns Prostituierte”
sprechen?
WEISST DU, dass in den Ländern in denen
das Gesetz so geändert wurde, dass Prostitution in Sexarbeit umbenannt
wurde, die Mehrheit der prostituierten Frauen dies
gar
nicht wollte? Dies wurde bei der Auswertung des Gesetzes in Deutschland
deutlich.
(Siehe "Prostitution als Arbeit".)
Wenn Du Prostitution global betrachtest: Was meinst du,
wie viele der Prostituierten möchten, dass die Prostitution als „Arbeit"
angesehen wird? Würdest du es selbst so bezeichnen?
Sexarbeiter_innen-Gewerkschaften wollen ihre Arbeit als
Sexarbeit betrachtet wissen.
Welche Gewerkschaften? Die Organisationen, die sich bisher selbst als „Gewerkschaft"
für Prostituierte bezeichneten, waren tatsächlich keine Gewerkschaften
in dem Sinn, dass sie
„geleitet und finanziert
von Mitgliedern werden und ihr Handeln sich an Arbeitgeber_innen richtet".
*
Lobbyorganisationen für legalisierte Prostitution,
die in der Regel aus Zuhältern und anderen Prostitutionsverherrlichern
bestehen, welche Prostitution in ein besseres Licht rücken möchten,
nennen sich oft
Gewerkschaft
für „Sexarbeiter_innen" – um den Eindruck zu erwecken,
dass Prostitution normale Arbeit ist.
Wenn du unsicher bist betreffend einer solchen „Gewerkschaft",
dann frage nach, mit welcher Art von
Gewerkschaftsarbeit
sie sich beschäftigt und an
welche Arbeitgeber
sich diese richtet?
Tatsächliche Unterstützungsorganisationen für
prostituierte Frauen nennen sich in der Regel nicht Gewerkschaft. Und die
meisten Prostituierten möchten auch nicht, dass Prostitution als „Sexarbeit"
bezeichnet wird.
Was geht dich überhaupt der Job anderer Leute an,
wenn du selbst keine Prostituierte bist?
Selbstverständlich geht mich das etwas an!
In
einer Gesellschaft zu leben, in der Frauen verkaufbar, also als Ware angeboten
werden, prägt uns alle - unsere Vorstellungen/unser
Bild von Frauen und Männern. Die Meinung der Gesellschaft über
Prostitution hat ausserdem direkte und deutliche Konsequenzen auf unser
aller Alltagsleben. Dies können wir insbesondere in Ländern, in
denen Prostitution legal ist – wie in Deutschland – sehen.
Wenn Prostitution als „Arbeit" angesehen wird,
werden wir mit Anzeigen in Zeitungen konfrontiert, die Firma in der du arbeitest,
bekommt Werbung, in der "Überraschungen" für die Betriebsfeier
geworben wird, du bekommst Gutscheine per Post und E-Mail, Bordelle werben
mit Plakaten an der Bushaltestelle, an Telefonkiosken usw.
Dies nachzuvollziehen hat nichts damit zu tun Sex negativ
anzusehen oder ein moralisches Horrorszenario zu erfinden. Es geht um die
Analyse, wohin ein Verständnis von Prostitution als „Sexarbeit"
ganz logisch führt.
Denke selbst einmal darüber nach, was es für
unseren Alltag bedeuten würde – zum Beispiel für Menschen
in Berufen wie persönliche Assistent_innen oder Hauspfleger_innen.
Sollten diese verpflichtet werden, sich um die Sexkäufe von Männern
zu kümmern, wie es in den Niederlanden der Fall ist?
Wenn Prostitution als Arbeit angesehen wird, sollten Eltern ihre
Töchter in den Sommerferien als Prostituierte arbeiten lassen? Wenn
Prostitution als Arbeit angesehen wird, sollen Arbeitsagenturen Sozialleistungen
streichen, wenn arbeitslose Frauen „Arbeit” in der Prostitution
ablehnen?
Wenn du auf diese Fragen mit ”nein” antwortest,
dann siehst du Prostitution nicht als reguläre Arbeit an. Denn wenn
du dies tun würdest, würdest du sie wie jeden anderen Job behandeln.
Aber wenn ein Mädchen sich nicht in einem schlecht
bezahlten Beruf kaputtarbeiten möchte und sie als Escort*/Begleitsevice
gut bezahlt würde, weshalb sollte sie dies dann nicht tun?
Du fragst nicht, weshalb sie z.B. ihren Geschäftsführerinnenposten
für eine Exportfirma/Immobilienfirma/Zahnarzt oder ähnliche Arbeiten
aufgeben sollte, um stattdessen Männern Blowjobs zu geben, wenn dies
von ihnen in Auftrag gegeben wird. Wenn Prostitution so herrlich wäre,
weshalb sind es dann eigentlich jene von uns mit den geringsten Wahlmöglichkeiten,
die diese „Arbeit" ausüben sollen?
Sowohl in unseren industrialisierten Ländern als
auch in den so genannten Entwicklungsländern sind es hauptsächlich
arme Mädchen und Frauen – die gleichzeitig Klassenunterdrückung
und Rassismus erleben – die in der Prostitution benutzt werden.
Über Entscheidung und Freiwilligkeit zu spechen ist immer schwierig.
Das wir uns für etwas entscheiden sagt ja nichts darüber aus,
ob es eine gute oder schlechte Entscheidung ist. Es kommt unter anderem
darauf an
worin die Wahl besteht, also welche
Alternativen wir haben oder sehen.
Forschungsberichte über „normale” Prostitution
zeigen, dass so gut wie alle Frauen die Prostitution als etwas Temporäres
sehen, mitunter, um eine schwierige ökonomische Situation zu lösen.
Doch oft ist es auch ein Ausdruck der Selbstdestruktivität, als Folge
von früheren Erfahrungen. Es ist also selbstverständlich nicht
das Gleiche wie etwas, was ein Mädchen machen „möchte”,
auch wenn sie diese Entscheidung getroffen hat.
Die meisten Mädchen und Frauen, die weltweit in der
Prostitution ausgenutzt werden, sind ausserdem arm, obdachlos und/oder sie
sind schon vor Beginn der Prostitution sexuell missbraucht worden.
Menschenrechte – auch für Frauen?
Auch wenn es jemanden gibt, die sich unabhängig von den genannten Umständen
prostituieren möchte, geht es bei Prostitution um bedeutend mehr als
um ihre persöhnliche Entscheidung.
Prostitution ist eine globale Unterdrückung. Dass
Männer Frauen in der Prostitution kaufen konnten/können, ist ein
Teil der ungleichen Machtverteilung der Geschlechter, auf der die Gesellschaft
baut. Unser Kampf gegen die Prostitution geht um
die
Menschenrechte der Frauen.
Die Entscheidung der Männer?
Bei einer Diskussion um die „freie Entscheidung” geht es immer
um Frauen, diejenigen,
die in der Prostitution ausgenutzt
werden.
Aber weshalb wählen
Männer Frauen in der Prostitution auszunutzen?
Die Frau soll das Recht haben selbst zu entscheiden, was
sie mit ihrem Körper und ihrer Sexualität tut.
Selbstverständlich – das ist doch eine alte feministische Parole!
Aber bei der
Prostitution geht es nicht
um Frauenrechte - im Gegenteil! In der Prostitution „entscheidet"
die Frau auf ihre eigene Sexualität
zu verzichten
– um stattdessen den Mann zu befriedigen.
Die meisten Prostitutionstäter interessieren sich
überhaupt nicht dafür, was die Frau möchte, die sie bezahlen.
Derjenige der für Sex zahlt, zahlt für ein „Ja". Er
kauft eine Frau und er entscheidet darüber,
ob
und,
wann sie es genießen soll,
was
wie getan wird und wofür er bezahlt.
Und was geschieht eigentlich mit den
Rechten
der Frauen in einer Gesellschaft in der Frauen gekauft werden können?
Diejenigen, die gegen Prostitution sind, versuchen den
Frauen die freie Wahl zu nehmen.
Was bedeutet freie Wahl? Das mit der Freiheit ist nicht so einfach. Freiheit
wird beeinflusst von dem Ort an dem wir geboren sind, von welchen Eltern,
und vor allem, durch die tatsächlich bestehenden Alternativen. Die
freie Entscheidung zur Prostitution ist für die meisten eine genauso
„freie" Entscheidung wie die zur Armut. Die schwedische Autorin
Louise Eek hat über Prostitution geschrieben
–
dass die sogenannte freie Wahl zur Prostitution statistisch drastisch sinkt.
Was sagst du dazu?
Es gibt viele internationale Studien die zeigen, dass
die meisten in der Prostitution benutzten Frauen als Kinder sexuell missbraucht
wurden.
* Eine schwedische Studie von Jungendlichen
konstatierte, dass bei denjenigen, die Erfahrung von „Sex gegen Bezahlung”
hatten, fast
80 % vor der Prostitution auch
anderer sexueller Gewalt ausgesetzt waren.
**
Internationale Studien zeigen ausserdem, dass
das gewöhnlichste Eintrittsalter in die Prostitution im jugendlichen
Alter von 14 Jahren liegt..
*** Die Zahlen werden
durch die „Prostitution Unit" in Stockholm bestätigt.
****
Für mich ist das Gerede von der
freien
Wahl und der
„glücklichen Hure" schwer
zu ertragen, wenn ich sehe, das es bei der sogenannten freien Wahl in die
Prostitution um alles andere als „freie Wahl” geht – insbesondere
was die Kinder und Jugendlichen mit sexuellen Missbrauchserfahrungen angeht.
IN EINER WEITEREN BETRACHTUNG ist der Grund für die „freie
Wahl” der Frauen und Mädchen zur Prostitution ausserdem ein Armutsmuster
– die Armut der Individuen und die Armut ganzer Länder.
„Glückliche Hure”- na und? Krankenschwestern
sind doch auch nicht immer glücklich in ihrem Job?
Da liegt ein Mißverständnis vor. Niemand sagt, dass Frauen in
der Prostitution immer glücklich herumlaufen, oder „glücklicher”
als andere.
Die glückliche Hure ist ein
altes
Symbol – und heutzutage Ausdruck
davon, wie Prostitutionsverherrlicher – insbesondere in den Medien
– einzelne Frauen vorschieben, die bereit sind zu sagen, dass Prostitution
etwas vollkommen Positives für sie ist, während sie überall
die mit der Prostitution verbundenen negativen Dinge und was dies für
die so vielen Frauen hier und weltweit bedeutet schweigen.
Aber ich habe von einem Mädchen gehört, die
gern eine Prostituierte ist.
Du glaubst ernsthaft, dass
eine gesamtgesellschaftliche
Analyse in sich zusammenfällt, weil es einzelne Mädchen
oder Frauen gibt, die sagen, dass sie gerne Prostituierte sind?
Egal wie viel oder wenig ein Individuum es mag,
Prostitution
bleibt das Gleiche:
Der Sexkäufer/Prostitutionstäter
kauft sich Zugang zum Körper eines anderen Menschen; er zahlt dafür,
dass die prostituierte Person ihre eigene Sexualität auslöscht,
er kauft „ihre Sexualität weg”, er zahlt dafür, dass
aus dem „Nein" ein „Ja" wird.
EINE WEITERE SCHWIERIGKEIT IST ES die Tatsache zu ignorieren, dass
Frauen, die nicht mehr in der Prostitution sind, sagen, dass sie ähnlich
von der Prostitution gesprochen haben, als sie sich noch darin befanden.
Es handelte sich damals um eine Strategie, um mit der Realität umzugehen.
Aber auch wenn es jemand tatsächlich mag und es ihr
gut dabei geht, könnte sie vielleicht dennoch darauf verzichten –
mit Rücksicht auf die Mehrheit der Frauen die darunter leiden, mit
Rücksicht auf Frauen- und Menschenrechte und vielleicht auch im Hinblick
auf den Kampf um Geschlechtergerechtigkeit?
ICH KANN ES NICHT SEIN LASSEN zu überlegen, weshalb dieses Argument
so häufig von Männern verwendet wird, die ja sehr häufig
vom „Recht der freien Entscheidung für Frauen” sprechen,
aber sehr selten über
Bordellbesitzer, Zuhälter
oder
prostitutionskaufende Männer.
Warum sprechen sie eigentlich nie von den Entscheidungen
der Männer?
Der Staat hat sich bei einer Vereinbarung zwischen zwei
Individuen nicht einzumischen.
Ok, ignorieren wir die Tatsache, dass du die Bordellbesitzer und Zuhälter
„vergessen" hast... Aber diese „Individuen" sind nicht
alleine, oder? Gerade jetzt treffen viele andere „Individuen"
zahlreiche „individuelle Vereinbarungen" – weltweit, die
ganze Zeit. Und in der großen Mehrheit dieser ständigen „Vereinbarungen"
in der gesamten Welt erkaufen sich
Männer
den sexuellen Zugang zu weiblichen Körpern.
Findest du nicht, dass die Ähnlichkeiten zwischen
diesen millionenfachen „individuellen Vereinbarungen", dieses
global verbreitete Phänomen, hinterfragt werden sollte?
ERNSTHAFT: PROSTITUTION IST KEINE komplett unabhängige
Vereinbarung zwischen zwei Individuen, deshalb diskutiere ich lieber darüber
warum global Prostitution existiert, und welche Konsequenzen aus ihr folgen...
Oft reden die Prostitutionsbefürworter über die „freie Wahl/Entscheidung
der Frauen”, aber manchmal reden sie auch davon, dass es die Prostitution
für andere geben muss. – für
Männer, die einsam sind, für behinderte Männer, für
Männer, deren Frauen keinen Sex wollen, damit andere Frauen nicht vergewaltigt
werden und so weiter.
Aber denke an all die armen einsamen Menschen!
Denkst du gerade an
einsame alte Frauen?
Frauen leben durchschnittlich länger als Männer, dann sind es
in dem Fall die älteren Frauen, die jüngere prostituierte Männer
benötigen?
Nein, das war nicht die Frage, richtig? Tatsächlich
geht es bei Prostitution in der Regel um Männer, die sich Zugang zu
jüngeren Frauen erkaufen.
IM WIRKLICHEN LEBEN ist der durchschnittliche
Prostitutionstäter ein verheirateter Mann oder ein Mann in einer festen
Beziehung, viele von ihnen haben ausserdem Kinder. Nach einer britisch-amerikanischen
Studie über das Sexualleben der Prostitutionstäter haben viele
auch überdurchschnittlich viele „normale" Sexualkontakte.
Also sind die „armen, einsamen" Männer in der Minderheit.
*
AUSSERDEM HANDELT ES SICH BEI SEX MIT ANDEREN
nicht um ein Menschenrecht. Das Gleiche gilt für Beziehungen. Andere
Menschen für die eigene Sexualität zu benutzen
ist
erst recht keines.
EINSAME MÄNNER können doch lernen was
einsame Frauen tun – mehr masturbieren?
Aber denke doch einmal an alle Menschen mit Behinderung!
Über wen reden wir eigentlich? Doch über
Männer,
oder? Bei diesem Argument geht es in der Regel nicht um das „Recht"
der Frauen mit Behinderung an einem sich prostituierenden
Mann.
Deine Argumentation ist im Übrigen geringschätzig
gegenüber Menschen mit Behinderung. Warum sollten Männer mit Behinderung
Frauen eher ausbeuten wollen als andere? Männer mit Behinderung wollen
doch wohl – wie alle anderen – Sex mit jemandem, der genauso
angeturnt ist von ihnen. Denkst du etwa, niemand könnte einen Menschen
mit Behinderung attraktiv finden, oder ? Wenn dem so ist, solltest du dein
Menschenbild überdenken...
DIE MEISTEN PROSTITUTIONSTÄTER sind
Männer ohne Behinderung. Deshalb ist es ziemlich unverschämt,
Männer mit Behinderung als Alibi für Handlungen zu benutzen, die
von Männern ohne Behinderung begangen werden.
WENN DU SELBST eine Behinderung hast, die dich
in deiner Sexualität hindert, solltest du selbstverständlich das
Recht auf sexuelle Hilfsmittel haben, die dir dabei helfen können dich
selbst zu befriedigen oder mit deinem Partner Sex zu haben.
Aber du hast genauso wenig das Recht, den Körper
eines anderen Menschens zu kaufen um ihn sexuell zu benutzen und dir so
deine Sexualität zu befriedigen.
SELBSTVERSTÄNDLICH MACHE ICH MIR GEDANKEN über „alle
Behinderten" – Es ist nicht selten, dass Mädchen und Frauen
mit Behinderung in der Prostitution benutzt werden. An die solltest du dabei
auch denken!
Es ist doch besser wenn Männer zu Prostituierten
gehen anstatt Frauen zu vergewaltigen!
Dass Vergewaltigung und Prostitution auf einer Stufe stehen – da sind
wir uns einig! Sowohl Prostitution, als auch Vergewaltigung beruhen auf
einer
sexuellen geschlechtsspezifischen
Macht = die Macht der Männer und die Unterordnung der Frauen werden
zu etwas verändert was „sexy" ist, etwas wovon wir erregt
werden sollen.
Und genau
deshalb glaube ich
nicht, dass Vergewaltiger aufhören zu vergewaltigen, weil sie Frauen
in der Prostitution ausnutzen. Im Gegenteil. Das Frauenbild in Prostitution
und Vergewaltigung ist das Gleiche und das ist der Grund bei Vergewaltigung
und Prostitution: Ein Mann benutzt eine Frau um
seine
Sexualität zu befriedigen – ihre Sexualität oder ihr Wille
werden untergeordnet. Es geht um die Haltung des Sexkäufers/Täters,
deren Ansicht, dass Männer das Recht zu Frauenkörper haben.
Wenn wir das akzeptieren bekommen wir auch mehr von dem
anderen.
ABGESEHEN DAVON wäre es nicht nett oder
schwesterlich Vergewaltiger zu anderen Frauen zu schicken – insbesondere
nicht zu Frauen und Mädchen die sich ohnehin in einer ungeschützten
Position befinden!
Die Prostitutionsverherrlicher wollen oft, dass es bei einer Diskussion
um eine einzelne Person oder eine einzelne Situation geht. Doch dabei ist
es schwerer die Unterdrückung zu sehen und zu durchschauen –
um Unterdrückung zu verstehen, müssen wir
das
Muster erkennen.
Dies gilt für alle Formen von Unterdrückung.
Es ist oftmals kein Zufall, dass jemand mit einem nicht schwedisch klingenden
Namen es schwerer hat eine Anstellung zu bekommen, auch wenn es im Einzelfall
nicht zu beweisen ist. Um den Alltagsrassismus zu durchschauen, musst du
sowohl die einzelnen Beispiele als auch die Ganzheit betrachten –
du musst untersuchen ob die Beispiele Muster bilden.
Systematische Zufälle
Oft wird ein Beispiel der Unterdrückung von Frauen, auf die wir reagieren,
als Zufall abgetan. Um dies zu durchschauen hat die norwegische Feministin
Kjersti Ericsson diese Vorgänge als „
Stystematische
Zufälle” beschrieben.
Wenn wir diese zusammen anschauen, bilden alle solche
Frauenunterdrückenden „Zufälle” ein Muster, in dem
Mädchen und Jungs, Frauen und Männer in den meisten Zusammenhängen
–
unterschiedlich behandelt werden
– davon abhängig welches Geschlecht sie haben und
ungleichen
Zugang zu Macht haben – davon abhängig welches Geschlecht
sie haben.
Deshalb kann Prostitution nicht verstanden werden, ohne
diese – mit all der anderen Frauenunterdrückung wie Gehaltsunterschiede,
ungleichberechtigter Pflegedienst/Krankenpflege, Vergewaltigungen, die Unsichtbarmachung
der Frauengeschichte und all den anderen Beispielen, die zusammen ein in
der Gesellschaft bildendes Muster ergeben – ein vom
Geschlecht
abhängiges Muster, eine systematisch geschlechtsspezifische Machtstruktur.
Na und – es gibt auch Frauen die nach Gambia reisen
um Männer zu kaufen!
Ja, bei Prostitution geht es nicht ausschließlich nur um Unterdrückung
von Frauen, sondern auch um Unterdrückung nach den Faktoren Klasse
und Ethnizität. Die Tatsache, dass Frauen - in Umständen, in denen
sie ”als in der Hierachie höher stehend” bezeichnet werden
können - zu Täterinnen werden können, bestätigt die
Analyse, dass es sich bei Prostitution um
sexualisierte
Macht/Gewalt handelt. Prostitution ist Unterdrückung und sollte
nie akzeptiert werden - egal in welcher Form!
ICH HOFFE DU bringst dieses Beispiel ein, um
dich gegen jede Form von Prostitution einzusetzen. Du wirst doch nicht versuchen
die sehr seltene Form von weiblichem Prostitutionstourismus zu nutzen, um
es so erscheinen zu lassen, als ob Männer und Frauen genauso „schlimm"
sind?
Denn so ist es
nicht.
Männer
werden nicht gefangen gehalten in den Bordellen in ärmeren Ländern
dieser Welt, und unter Drogen gehalten um von einer reichen Frau nach der
anderen benutzt zu werden. Von dem gesamten Prostitutionstourismus auf der
ganzen Welt, machen Frauen nur einen sehr kleinen Teil aus, und dieser ist
auch am wenigsten brutal.
Es sind aber mehr Männer als Frauen, die Erfahrungen
in der Prostitution haben, es ist nur versteckter.
Es gibt einige Studien mit jungen Menschen, in denen mehr junge Männer
als junge Frauen aussagen, dass sie „Sex hatten gegen Bezahlung".
Aber das bedeutet nicht, dass du diese Schlussfolgerung treffen kannst.
Sieh dich um: Die globale Pornographieindustrie und Prostitutionsindustrie
in der Welt besteht zum größten Teil aus Frauen die an Männer
verkauft werden. Frauen werden in den Bordellen dieser Welt benutzt und
Mädchen und Frauen werden im Menschenhandel für sexuelle Zwecke
benutzt.
Es kann auch noch hinzugefügt werden, dass unabhängig
davon, ob Männer oder Frauen benutzt werden, die
Prostitutionstäter
fast immer
Männer sind.
Und selbstverständlich sollte viel mehr Forschung betrieben
werden über
alle Formen der Prostitution,
damit wir noch besser verstehen wie Prostititution funktioniert.
Aber ihr habt ja alles umgedreht, es sind doch die Frauen
die die sexuellen Bedürfnisse der Männer ausnutzen!
Derjenige der bezahlt ist das Opfer, er
wird ausgenutzt.
Lasst uns den Menschenhandel vergessen, die Tatsache, dass die meisten Frauen
in der Prostitution andere Formen von sexueller Gewalt bereits in der Kindheit
erfahren haben, dass junge Mädchen in die Prostitution manipuliert
werden, dass Drogenabhängigkeit Frauen in die Prostitution zwingt,
und lasse uns auch die Konsequenzen für Frauen vergessen, - sexualisierte
Gewalt, Geschlechts-krankheiten, Gebärmutterhalskrebs, multiple Persönlichkeitsstörungen,
posttraumatischer Stress etc... das heisst, lasst uns alle Formen von sexualisierter
Unterdrückung vergessen, unter denen Mädchen und Frauen vor, während,
und nach der Prostitution leiden und lasst uns nur die sehr wenigen Männer
betrachten (viele Prostitutionstäter haben ja auch weitere sexuelle
Beziehungen) - dann könnte es vielleicht danach aussehen, dass einige
Männer ausgenutzt werden. Aber das ist immer noch nicht ganz richtig.
Der Prostitutionstäter benutzt trotzdem immer noch einen anderen Menschen
zur Befriedigung der eigenen sexuellen Bedürfnisse,
auch
wenn sie gerade schlechte Zeiten durchmachen, oder?
Ein Prostitutionstäter der sich einsam und geil fühlt,
ändert trotzdem nichts an der Tatsache, dass es sich bei Prostitution,
auf einer grundlegenden und globalen Ebene, um von Männern sexualisierten
Machtausübung gegen Frauen handelt.
Ich habe gehört, dass es oft Frauen sind, die Bordelle
führen.
Ja, das stimmt, aber was steckt dahinter? Die großen internationalen
Menschenhandelsorganisationen zwingen oft prostituierte Frauen, sich zwischen
einem Verbleib in der Prostitution zu entscheiden oder „ortsansässige
Supervisorinnen" in einem Bordell zu werden. Menschenhändler handeln
hier oft strategisch, unter anderem weil Männer keine langen Haftstrafen
riskieren wollen, falls ihre Aktivität öffentlich wird.
Leider interpretieren viele die Rolle der Frauen falsch.
Die schwedische Polizei hat hierzu geschrieben:
„Der gemeinsame Faktor für
die Mehrheit dieser Frauen ist, dass sie selbst lange in der Prostitution
ausgenutzt wurden." ...
...„die nationale Abteilung zur Verbrechensbekämpfung ist
über die Tatsache besorgt, das Frauen ausländischer Herkunft,
die in Schweden prostituiert werden, oft von Personen im Justizsystem
so porträtiert werden, als würden sie in ihrem eigenen Willen
handeln. Als Konsequenz dieser Idee beschränken sich Untersuchungen
oft auf die Aktivität in Schweden, und die wahren Bosse des Verbrechens
in den organisierten Netzwerken werden nicht vor Gericht gebracht. Es
gibt ausserdem ganz deutlich das Risiko, dass die Situation der Frauen
nicht bemerkt wird. Als Folge davon bekommen sie nicht die Unterstützung
und den Schutz den sie brauchen und der ihnen zusteht. Dieses eingeschränkte
Verständnis von organisiertem Menschenhandel und die Struktur der
Netzwerke resultieren auch oft darin, dass Behörden/Autoritäten
nicht ihre Bemühungen zur Verhinderung und Bekämpfung des vom
Menschenhandels für sexuelle Zwecke ausreichend prioritieren".
*
Das Gesetz/Sexkaufverbot wurde nur eingeführt,
weil es extremistischen schwedischen Feministinnen geglückt ist,
sich in die Politik hineinzufiltrieren.
In anderen Ländern lachen sie darüber wie
wir hier in Schweden den radikalen Feministinnen nachgegeben haben.
Ja, es wäre richtig cool wenn Feministinnen wirklich so viel Macht
hätten! Aber Prostitution ist eine globale Form der Untersdrückung
und nichts gegen das nur Feministinnen kämpfen. Weisst Du nicht,
dass Schweden geschworen hat gegen Prostitution einzuschreiten und zu
bekämpfen, sowohl durch die UN als auch durch die EU?
Die UN hat bereits 1949 ein Abkommen zur Bekämpfung
von Prostitution und Menschenhandel beschlossen. 1993 hat der Europarat
beschlossen, dass der Kampf gegen Prostitution Inhalt der EU-Polizeiarbeit
zu sein hat. 1991 nahm der Europarat die Resolution gegen sexuelle Ausbeutung,
Pornographie, Prostitution etc an.
Also denke ich, dass die extremen Feministinnen (wer
auch immer sie sind) die EU und die UN schon vor Jahrzehnten übernommen
haben, oder Du weisst nicht wovon Du sprichst...
Höre auf über die ungleiche Machtverteilung
der Geschlechter zu reden! Wir in Schweden sind längst gleichberechtigt!
Na, das ist wirklich eine Sache der Interpretation! Selbstverständlich
kannst du alles so interpretieren, als wäre es überhaupt nicht
eine Sache von Geschlecht/Gender und Unterdrückung,
sondern so als wären wir Frauen und Mädchen selbst Schuld: die
Tatsache, dass du als Frau ein niedrigeres Gehalt hast, liegt daran, dass
Frauen nicht gut verhandeln können; wenn du vergewaltigt wirst, solltest
du wahrscheinlich daran denken, wie du dich anziehst/verhältst/wie
viel du trinkst etc; wenn du Gewalt erlebst, hast du ihn wahrscheinlich
provoziert; wenn du lauter sprichst, bist du eine nörgelnde Kuh;
wenn dir Sex gefällt, bist du eine Schlampe oder Hure; wenn du einen
Mann kennenlernen willst, bist du verzweifelt – und willst du das
nicht, dann bist du nicht normal; wenn du
Sex mit Frauen willst, dann deshalb, weil du noch nie einen „richtigen
Schwanz" hattest; wenn du Make-Up trägst bist du eine Tussi,
die auf oberflächliche Schönheitsideale reingefallen ist; und
wenn nicht, dann bist du nicht weiblich genug; wenn du Gleichberechtigung
für Frauen einforderst, dann bist du aggressiv; und wenn du ruhig
bleibst, dann bist du eine schwache Frau – die selbst Schuld ist...
UND DIE TATSACHE, DASS SO VIELE andere Mädchen
und Frauen darüber sprechen, dass sie dasselbe erlebt haben wie du,
das ist einfach nur Zufall, „denn die Unterdrückung der Frau
existiert nicht in unserem Land".
Meinst Du das so?
70 Jahre lang, zwischen 1847 und 1918 gab es ein kommunales Regelsystem
in Schweden (wie ebenfalls in grossen Teilen Europas in dieser Zeit).
Obwohl es allgemein bekannt war, dass Frauen auf Grund von Armut und schutzbedürftiger
Situation in der Prostitution landeten, akzeptierte man Prostitution als
ein notwendiges Übel und in der Praxis mehr oder weiniger als „Beruf”
– für einige Frauen.
Die Absicht mit dem Regelsystem war, die Prostitution
unter Kontrolle zu halten und die Verbreitung von sexuell ansteckenden
Krankheiten, wie Syphilis zu verhindern. Deshalb wurden prostituierte
Frauen zu regelmässigen Kontrollen gezwungen. (Doch eine Kontrolle
der Männer gab es selbstverständlich nicht!) Diejenige, die
sich weigerte kontrollieren zu lassen, sich in einem „falschen”
Gebiet aufhielt oder zu einer „falschen” Uhrzeit auf der Strasse
war, bekam zunächst eine Warnung, beim zweiten Mal wurde sie bis
zu einem Jahr in ein Arbeitslager geschickt.
Die damaligen Feministinnen kämpften gegen dieses
Regelsystem, welches ja ohnehin die schon hilfebedürftigen Frauen
traf und womit der Staat gleichzeitig die Prostitution akzeptierte. Die
Feministinnen wiesen damals, wie auch jetzt darauf, dass es ohne
Käufer keine Prostitution gäbe.
Aus der Geschichte lernen?
Das was wir durch dieses Regelsystem lernten, während dessen es auch
eine kürzere Zeit zwei kommunal betriebene Bordelle in Stockholm
gab, war folgendes. Als die Prostitution als
„Beruf” gesehen wurde, wurde es auch schwerer für die
Prostituierten auszusteigen, wurde es schwerer zu sehen, dass die Männer/Käufer
die Voraussetzung für die Existens – der Prostitution sind
und dass die Prostitution im Umfang wächst, wenn sie akzeptiert wird.
*
Leider leben wir in einer oberflächlichen, Frauen-geschichtslosen
Gesellschaft, in der wir immer nur kleine Stückchen – ganz
ohne Zusammenhänge sehen. Doch wenn wir aus der Geschichte lernen,
brauchen wir nicht die gleichen Fehler zu machen.
Sexkaufverbot
Schweden war 1999 das erste Land der Welt welches den
Sexkauf der Männer kriminalisierte, aber nicht die Prostitution.
Es sind die Täter, die kriminalisiert
wurden, die Sexkäufer/Prostitutionstäter und Zuhälter,
nicht die Prostituierten. Nun haben auch andere Länder dieses Gesetz
nachgeahmt – und ausserdem auf unterschiedliche Art und Weise weiterentwickelt
– unter anderem Norwegen, Island und teilweise Finland und England.
Das schwedische Gesetz besagt also, dass es verboten
ist, sexuelle Dienstleistungen zu kaufen oder versuchen
zu kaufen. Ausserdem ist es auch verboten durch
Prostitution von anderen Geld zu verdienen, oder durch andere Methoden
dazu beizutragen. Schweden hat auch ein Gesetz gegen Menschenhandel,
doch ist es in der Praxis so, dass viele Menschenhändler wegen Zuhälterei
verurteilt werden.***
Gesellschaftliche Markierung
Die Absicht des Sexkaufverbotes ist auch die Markierung in jeder Gesellschaft:
dass die Gesellschaft sieht, dass es sich bei der Prostitution um ungleiche
Machstrukturen der Geschlechter handelt und deshalb das Ausnutzen von
Prostituierten nicht akzeptiert.
Das Sexkaufverbot wurde mit dem Gesetz gegen Kindesmisshandlung
verglichen, welches die Ansichten der Bevölkerung verändert
hat – früher war es üblich Kinder aus Erziehungsgründen
zu schlagen.
Eine Untersuchung 2008 zeigt, dass etwas mehr als 70
% der schwedischen Bevölkerung das Sexkaufverbot unterstützen,
(nur 18 % sind dagegen, und der Rest der Befragten ist unsicher). Fast
80 % der schwedischen Frauen unterstützen das Gesetz.****
Gesetze und Unterdrückung
Selbstverständlich genügt nicht ein Gesetz, damit die Prostitution
verschwindet. Prostitution ist ein Teil der Unterdrückung von Frauen,
und so wie wir es sehen, kann die Unterdrückung
gesetzlich nicht verboten werden. Aber wir sind der Meinung, dass
ein Sexkaufverbot gut ist, da es die sexualisierte Macht der Männer
begrenzt, aufzeigt, worum es sich in der Prostitution handelt und auch
eine Hilfe in anderer Arbeit gegen Prostitution ist.
Um etwas tiefgehend zu verändern, bedarf es naürlich
mehr als ein Gesetz. Es ist notwendig für Hilfsmassnahmen, wie die
Ausstieghilfe der Prostituierten, einzuplanen.
Wenn normale Prostitution erlaubt wäre, wäre
es leichter Menschenhändler zu fangen.
Nein, das Gegenteil ist der Fall. In Ländern, in denen Prostitution
legalisiert wurde, ist die Prostitutionsindustrie gewachsen -und große
Teile werden illegal betrieben. Ein Grund hierfür ist, dass Zuhälter
mehr von illegaler Prostitution profitieren.*
Und selbstverständlich ist es einfacher Menschenhandel
in einem Land zu betreiben, in dem andere Arten von Prostitution legal
sind. Es ist viel schwieriger, teurer und riskanter für Menschenhändler
in Ländern, in denen alle Formen von sexuellen Käufen verboten
sind, zu operieren.
Das schwedische Gesetz hilft Prostituierten nicht.
Ja und Nein. Eine Frau, die sagt, dass sie Prostituierte bleiben möchte,
wird das Sexkaufverbot nicht immer positiv bewerten. Aber das Gesetz kann
einer anderen Frau, die aussteigen will, indirekt helfen, weil es eine
gesellschaftliche Markierung ist, dass Sexkäufer ihr ein Verbrechen
antun.
Das Gesetz kann auch denjenigen helfen, die Opfer von
Menschenhandel sind. Dank des Sexkaufverbots kann die Polizei Versuche
sexuelle Leistungen zu kaufen, beobachten/kontrollieren. Dies hat schon
oft zum frühen Enttarnen von Menschenhandel geführt. Wenn Sexkäufe
nicht illegal wären, hätte die Polizei nicht das Recht etwas
dagegen zu tun, bis sie Gewissheit darüber haben, dass ein Fall von
Menschenhandel vorliegt.
VOR ALLEM ABER hat das Gesetz einen präventiven
Charakter. Es beeinflusst die Meinung der Menschen über Prostitution,
und hoffentlich bringt es einige junge Mädchen, die über den
Einstieg in Prostitution nachdenken, dazu es nicht zu tun. Das Sexkaufverbot
hat bereits dazu geführt, dass weniger Männer Frauen benutzen.*
Hoffentlich bringt das Gesetz wenigstens einige Männer dazu zu denken,
dass es es nicht wert ist als Prostitutionstäter überführt
zu werden - wenn die Bestrafung empfindlich genug ist. Je weniger Sexkäufer/
Prostitutionstäter, desto weniger Frauen, die in der Prostitution
benutzt werden.
ABER NATÜRLICH REICHT EIN GESETZ NICHT AUS
um Prostituierten wirklich aus der Prostitution zu helfen. Dafür
wird sehr viel Unterstützung benötigt. Vor allem durch Bereitstellung
von Unterkünften, da Obdachlosigkeit häufig einer der Gründe
für Prostitution ist.
Das schwedische Gesetz hat die Gewalt gegen Prostituierte
vergrößert.
Nein, Studien belegen das nicht. Die Gewalt der Männer gegen Frauen
in der Prostitution ist weit verbreitet, egal was
das Gesetz beinhaltet und unabhängig davon, ob die Prostitution
im Haus oder ausser Haus stattfindet. Der einzige kleine Unterschied,
der festgestellt werden konnte, ist, dass die Gewaltraten dort leicht
höher sind, wo Prostitution legal und nicht reguliert ist *
– das ist das Gegenteil von dem was du meinst.
TROTZDEM IST PROSTITUTION AN SICH BEREITS GEWALT.
Alle Organisationen, die sich für die Rechte von Prostituierten einsetzen
– egal wie ihre Meinung zur Prostitution ist und wo auch immer in
der Welt sie aktiv sind – sich einig darin, dass Prostitution gefährlich
und gesundheitsgefährdend für diese Frauen ist. Diejenigen,
die Prostitution beibehalten wollen sprechen lediglich von „Leidverminderung”,
also dass es wichtig ist, den durch Prostitution zugefügten Schaden
zu vermindern. („Harm reduction”).
Gewalt ist ganz einfach ein
teil von Prostitution. Amerikanische Studien kamen zu dem Ergebnis,
dass die Mehrheit der Prostituierten während der Prostitution physische
Gewalt, sexuelle Gewalt und Bedrohungen erlebt hat.**
Frühere kanadische Studien zeigten, dass die Sterblichkeitsrate für
Prostituierte 40 mal höher ist als bei anderen Frauen.***
Für mich ist es unverständlich, warum es jemandem
ausreichen kann, von „Leidensverminderung" zu sprechen. Gewalt
ist ein integraler Bestandteil der Prostitution und sollte eigentlich
als Grund für JEDEN
ausreichen um Prostitution unakzeptabel zu finden.
Als das Sexkaufverbot eingeführt wurde, wanderte
die Prostitution in die Illegalität.
Strassenprostitution war bereits rückläufig bevor das schwedische
Sexkaufverbot eingeführt wurde.* Das ist
hauptsächlich auf technologische Verbesserungen zurückzuführen
– die Nutzung von Mobiltelefonen/Handy und Internet nahm zu. Deshalb
findet die Anbahnung von Prostitution in industrialisierten Staaten überwiegend
über Mobiltelefone/Handy und Internet statt – egal was das
Gesetz in den unterschiedlichen Ländern beinhaltet.
Aber dass die Prostitution deshalb „in die Illegalität
verschwunden ist” stimmt nicht. Prostitution ist für die Käufer
existent, und die müssen sie finden können, also kann sie auch
nicht versteckt werden, oder?
Es sind zwei Personen an Prostitution beteiligt, wieso
soll nur der Mann kriminalisiert werden?
Das Gesetz belegt die Prostituierten mit der Opferrolle.
Die Frage ist ein bisschen merkwürdig, denn an Prostitution sind
nicht nur zwei Menschen beteiligt – warum vergisst du Zuhälter/Bordellbetreiber
in deiner Zählung?
Aber selbst wenn wir das ignorieren – das Gesetz
unterscheidet nicht zwischen den Parteien in der Prostitution. In mehreren
anderen Sachverhalten wird nur eine Partei bei einer Transaktion für
illegales Verhalten verantwortlich gemacht. Zum Beispiel bei illegalen
Verpachtungen, oder Vermietungen bei denen der Vermieter eine zu hohe
Miete verlangt. Obwohl beide Parteien den Vertrag unterschrieben habe,
ist nur der Vermieter kriminell. Und zwar weil das Gesetz prüft wer
wen ausnutzt. Es geht um Machtverhältnisse.
Übrigens beschwert sich auch niemand darüber,
dass der Mieter dadurch mit einer Opferrolle belegt wird.
AUSSERDEM GLAUBE ICH AUCH NICHT an die alte,
puritanische Idée, dass Prostitution eine „schlechte sexuelle
Aktivität” ist, und dass deshalb beide etwas unschönes
tun. Ich bin gegen Prostitution, weil Prostitution sexuelle
Ausbeutung und Unterdrückung ist.
Die Aufteilung von Mädchen und Frauen in das alte Gegensatzpaar „Hure
und Jungfrau” ist eine effektive Methode der Unterdrückung.
Es betrifft und schlägt gegen jedes einzelne Mädchen/Frau und
es teilt Frauen als Gruppe.
Die Funktion der „Hure und Jungfrau” ist
eine Art Markierung, die die sexuelle Freiheit für die weibliche
Sexualität begrenzt, also was für Mädchen und Frauen sexuell
erlaubt ist. Von uns wird erwartet, dass wir zwischen diesen Grenzen balancieren
– du sollst ein nach aussen gerichtetes, offenes Sexleben haben,
sonst bist du ”langweilig”. Aber wenn du das tust, riskierst
du als „Schlampe” oder „Hure” betrachtet zu werden.**
Die meisten Mädchen und Frauen versuchen –
so gut wie sie es können – sich auf diesem Balancegang zu halten,
aber eigentlich spielt es keine Rolle was ein Mädchen/eine Frau tut.
Sie kann trotzdem „Schlampe” oder „Hure” genannt
werden - von einem Jungen/Mann, der gerade Lust dazu hat. Auch ein Mädchen,
welches nie Sex mit jemandem gehabt hat kann „Schlampe” oder
„Hure” genannt werden.
Schipfwörter und Macht
Mit Schimpfwörtern wird dem Opfer teilweise
die Verantwortung auferlegt. Dass Mädchen und Frauen als „Schlampe”
oder „Hure” beschimpft werden, ist typisch für sexuelle
Belästigung – zu Hause, in der Schule, am Arbeitsplatz oder
auf der Strasse. Mit dem selben Wort benennen Männer die Frauen in
der Pornographie und in der Prostitution: „Schlampe,
Hure”. Für einen Sexualverbrecher funktioniert das Schimpfwort
oft als eine Legitimierung der Machtordnung (der Überordnung) und
der sexualisierten Gewalt – genau wie rassistische Schimpfwörter
die rassistische Gewalt legitimieren soll.
Opfer zu sein
Doch in der heutigen Gesellschaft, wo alles einzelnd und zerpflückt
gesehen wird und in der das meiste ohne Zusammenhänge geschildert
wird, als würde es nur um gerade den einen Individen
gehen, wird es natürlich schwieriger das Muster zu erkennen.
Dazu kommt noch der Mythos vom Opfer.
Ein Opfer zu sein wird heute oft als das
Gegenteil zum – stark sein – betrachtet.
Das führt dazu, dass viele die Unterdrückung nicht sehen wollen,
um sich nicht als (hilfloses) Opfer sehen zu müssen.
Doch der Gegensatz zum Opfer
sein ist das Täter sein. Von
Opfern zu reden weist also auf einen Zusammenhang hin und zwar das der
Unterdrückung. Es sagt nichts darüber aus wie
das Opfer ist; Opfer können mehr oder weniger betroffen sein,
sowohl stark als auch schwach sein (oft beides zugleich!), tatkräftige
Personen sein, die ihre eigenen Entscheidungen treffen. Opfer
zu sein ist keine persöhnliche Eigenschaft.
Gleichzeitig stark und schwach
Als die Arbeiterklasse Anfangs des 20 Jahrhudert wuchs, war es eine Selbstverständlichkeit
sich als Opfer der Unterdrückung
zu beschreiben.Die Tatsache, dass du unterdrückt warst, gab dir doch
Kraft gegen die Unterdrückung zu kämpfen!
Damals war es selbstverständlich kein Gegensatz
zwischen „Opfer” und „einem starken kämpfenden
Menschen”. Im Gegenteil. Diejenigen, die alles fertig serviert bekommen,
brauchen nicht kämpfen und stark sein. Es sind wir – die Opfer
– die stark und schwach zugleich, unterdrückt, tatkräftig
und kämpferisch sind.
Diejenigen, die an dem Mythos des Opfers verdienen,
sind auch diejenigen, die an der Fortsetzung der Unterdrückung verdienen.
Das einzige Problem bei der Prostitution ist, dass sie
als schlecht angesehen wird.
Wenn es denn nur so einfach wäre! Ich habe den selben Vergleich in
Bezug auf Betteln gehört. Betteln und Prostitution sind uralte Phänomene
und stammen aus einer ungleichen Gesellschaft.
Sie basieren auf dem Unterschied zwischen Männern und Frauen, und
zwischen Armen und Reichen. Macht und Unterordnung.
Es kann sein, dass du einen „glücklichen Bettler" findest,
der das nicht aus Not heraus tut, sondern um „ein wenig heraus zu
kommen” und etwas „dazuzuverdienen". Das ändert
aber nichts am Betteln selbst. Betteln macht
Ungleichheit sichtbar und deshalb demütigt es den Bettler.
Wie bei der Prostitution. Dem Opfer wird Schande auferlegt, egal wie sie
oder er genannt wird.
Wenn das Stigma verschwinden würde, wäre Prostitution
kein Problem.
Nein, so funktioniert das nicht. Das Stigma
der „Hure" ist typisch für die meisten Arten von Unterdrückung,
also dass die Verantwortung vom Untderdrücker
zur Unterdrückten verschoben wird. „Scham
wird den Opfern aufgeklebt" - so beginnt ein Gedicht von Kjersti
Ericsson über den Widerstand gegen Unterdrückung. Blame the
victim (Schieb die Schuld auf das Opfer). Sonst müssten wir anfangen
die Täter zu sehen, sehen was wirklich passiert.
Prostitution entspringt der puritanischen*
Sicht auf Sexualität, die Sex mit Schmutz, Scham und Schuld in Verbindung
bringt. Pornographie und Prostitution brauchen
Puritanismus um Meinungen zu bilden, die Grenzüberschreitungen rechtfertigen.
Viele Prostitutionstäter begehren Prostitution, gerade weil sie sie
als schändliche und schmutzige Sexualität ansehen.
Deswegen stimmt das mit dem Stigma der Prostitution,
von dem die Verherrlicher der Prostitution sprechen, nicht. Solange die
Unterdrückung weitergeht, wird auch das Stigma bleiben.
Und wir meinen nicht „nur” Unterdrückung
in Form von Prostitution, denn so lange es die Unterdrückung in Form
von der Aufteilung der Frauen in das Gegensatzpaar „Hure und Jungfrau"
gibt, bleibt das Stigma bestehen.
Würde Prostitution als reguläre Arbeit angesehen
werden, würde sie destigmatisiert werden.
Oder auch nicht...! In den Niederlanden, Deutschland, Teilen Australiens
und zum Beispiel Nevada (USA), wo Prostitution als „Sexarbeit"
betrachtet wird, werden prostituierte Frauen genau wie hier stigmatisiert.
Diejenigen, die das Stigma dort nicht
betrifft, sind die Täter – Zuhälter/Bordellbetreiber
und Prostitutionstäter – von ihnen spricht man nun heute von
tüchtigen „Geschäftsmännern" und ihren „Kunden".
Feminist_innen machen Prostituierte zu Opfern.
Nein. Es gibt einen Unterschied zwischen dem sexuellen Ausnutzen/ Unterdrücken
und der Sichtbarmachung dieser Unterdrückung.
Was Feminist_innen tun, ist zu verdeutlichen was genau Prostitution ist,
wer hiervon profitiert, dass Prostitution ein Bauteil eines gesellschaftlichen
Musters ist und nicht nur eine „Absprache zwischen zwei Individuen".
WENN DU MEINS, Feminist_innen machen Frauen
zu Opfern, dann weißt du nicht viel über Feminismus. Denke
einmal darüber nach! Feminist_innen arbeiten gegen
Unterdrückung. Wir arbeiten in Zufluchten (Frauenhäusern, u.s.w.)
für Mädchen und Frauen in unterstützenden Gruppen, organisieren
feministische Selbstverteidigung und wir kämpfen für politischen
Wandel - wir Feminist_innen unterstützen uns gegenseitig, um unsere
Verhältnisse u. Lebensbedingungen zu ändern,
damit Mädchen und Frauen nicht mehr
länger Opfer der patriarchalen Unterdrückung sein müssen!
AUSSERDEM hört es sich an, als ob du Prostituierte als ”die
anderen” betrachtst. Was bringt dich dazu zu glauben, dass Prostituierte
keine Feministinnen sein können? Es gibt viele mit eigenen Prostitutionserfahrungen,
die inmitten der Feminist_innen gegen Prostitution arbeiten.
Sie ist/ich bin nicht der Opfertyp!
Nein natürlich ist sie/bist du nicht „der Opfertyp", weil
es sich dabei um einen Mythos handelt –
ein Opfer zu sein" ist kein persönliches Charakteristikum.
Aber wenn du so argumentierst, riskierst du statt dessen die Unterdrückung
zu verleugnen.
Deshalb ist es so wichtig diesen Opfermythos offenzulegen.
Es gibt wenige komplett hilflose Opfer, trotz der Vergewaltigungssangst,
mit der uns die Medien jagen und der Sexualmord-Unterhaltungs- programme
im Fernsehen. Im richtigen Leben machen wir Mädchen und Frauen was
wir tun können um in einer von Männern und für Männer
geprägten Gesellschaft zu überleben. Selbst diejenige, die über
einen langen Zeitraum wiederholten Missbrauch erlebt, wie Inzest oder
andere Gewalt/Misshandlung, tut was sie kann um Misshandlung weitestgehend
zu vermeiden - wir sind Opfer und Überlebende zur gleichen Zeit.*
Es gibt also keinen „Opfertyp" – es
handelt sich um einen Mythos der von Unterdrückern erschaffen wurde
um die Verantwortung von sich zu schieben.
Nenn mich nicht Hure!
Oder das Gegenteil: Ich genieße es eine Schlampe
zu sein und tue was ich will!
Weißt du, ich verstehe, wenn diejenige, die in der Schule oder auch
woanders „Schlampe" oder „Hure" genannt wird, die
Parole ausgibt „Nenn mich nicht Hure!". Aber damit lässt
du dich austricksen. Erstens klingt es als wolltest du dich von Prostituierten
abgrenzen und zweitens können Männer auch dann noch die Sexualität
der Frauen beurteilen – solange die Spaltung
von Frauen an sich existiert.
NATÜRLICH; ES ZU GENIESSEN EINE SCHLAMPE ZU SEIN
kann sich wie ein Weg anfühlen die Beleidigung abzuschwächen
und dir selbst zu erlauben zu tun was du möchtest. Aber „die
Hure" und „die Jungfrau" sind ein Gegensatzpaar
– das eine kann ohne das andere nicht existieren. Wenn du dich selbst
als „Schlampe" bezeichnest, führt dies praktisch nicht
zu einer Wahrnehmung, dass du deine Sexualität genießt, sondern
zum genauen Gegenteil – du stimmst damit einer Selbstdefinition
zu, die auf einer puritanischen, patriarchalen Ansicht von Sexualität
beruht, die die Frauen in die beiden Gegensätze aufteilt.
ICH WEIGERE MICH LIEBER patriarchale
Spaltungen aller Art anzuerkennen: Es gibt
keine „Huren" und keine „Jungfrauen" –
wir sind alle Mädchen/Frauen und wir definieren unsere eigene Sexualität
wie wir es wollen!
Wenn du Pornographie oder Prostitution in Frage stellst, lernst du schnell
mit dem Satz: „Bist du eine Moralist_in?”
konfrontiert zu werden.
Dir so zu antworten, ist ein Versuch dich als altmodisch
und rückwärtsstrebend darzustellen. Dies tun diejenigen, die
dir den Wind aus den Segeln nehmen wollen, ohne darüber zu diskutieren
was du eigentlich meinst.
Persöhnlich & gesellschaftlich
Deine „Moral” sind ja nur die Meinungen und Werte, von denen
deine Gedanken und Taten ausgehen. Jeder von uns hat eine eigene
Moral, eigene Werte und Masstäbe von denen wir ausgehen. Ausserdem
gibt es noch eine gesellschaftliche –
oder allgemeine Moral. Diese besteht in den
Werten, die die meisten Menschen in einer Gesellschaft teilen (oder wie
es scheint, die meisten der Auffassung sind). Deshalb hat die gesellschaftliche
Moral in unterschiedlichen Gesellschaften, in unterschiedlichen Kulturen
und in unterschiedlichen Zeiten auch völlig unterschiedlich ausgesehen.
Sexualmoral
Die Sexualmoral ist eigentlich etwas Selbstverständliches. Aber aus
irgendeinem Grund scheint es, als würden dies viele vergessen, sobald
es um Moral geht, die den SEX betrifft. Aber warum sollte Sexualität
der einzige Bereich sein, in dem wir keine Werte/Wertvorstellungen haben?
Sexualmoral ist nur ein Sammelbegriff
von Werten, die die Sexualität betrifft, die einer Person
oder die einer Gesellschaft, und kann „befreit” wie auch „sexualfeindlich”
– oder was auch immer – sein.
„Moralprediger” sind also eigentlich alle
Menschen, die eine Ansicht vertreten – darüber, wie wir Menschen
uns zu etwas verhalten sollten. Das tun sehr viele, auch diejenigen, die
andere als Moralprediger_innen bezeichnen...
Die Historikerin Hjördis Levin schrieb in ihrem
Buch, das von der Geschichte der Sexualität handelt, folgendes: „Niemand
hat daran gedacht, dass das Verdammen der Moralisierung auch eine Form
der Moral ist”.*
Das Positive wenn verstanden wird, was Moral eigentlich
ist, ist die Einsicht, dass nicht nur unsere eigene sondern auch die Moral
einer Gesellschaft nicht irgendetwas festes und unveränderliches
ist. Jeder von uns kann seine Werte und Wertvorstellungen ändern
und die Werte in einer Gesellschaft können sich dementsprechend genauso
ändern wie unsere persöhnlichen – desshalb diskutieren
wir ja miteinander.
Gegen Prostitution zu sein, bedeutet moralistisch zu
denken - du bist Moralist_in!
Ja, selbstverständlich habe ich Meinungen und Werte – über
viele Dinge. Insbesondere über Ausbeutung/Unterdrückung.
Du etwa nicht?
WAS IST AUF EINMAL AN MORAL FALSCH? Ich bin
gegen viele Dinge aus moralischen Gründen: Tierquälerei, Kindesmissbrauch,
Ausbeutung usw.
WENN ETWAS altmodisch und moralistisch
überholt ist, dann ist es wohl Prostitution, oder? Dieses Bild von
Sexualität spiegelt alte gesellschaftliche Strukturen wieder, in
denen die Frau von ihrem Mann „besessen" wurde. Sowohl bei
gekauftem Sex als auch bei ehelichem Sex ging es um die Frau, die sich
dem Herrn und Meister anpassen musste und seine Befehle befolgen musste.
Nein, mit einer solchen altmodischen und frauenfeindlichen Sichtweise
von Sexualität bin ich wirklich nicht einverstanden!
Was zwei Erwachsene im Bett tun geht den Staat nichts
an.
Aber selbstverständlich tut es das. Deshalb gibt es Gesetze gegen
Gewalt an Frauen, und deshalb ist Vergewaltigung – auch in der Ehe
– heutzutage verboten.
Die sexualisierte Gewalt der Männer gegen Frauen
umgibt uns überall, in zahlreichen verschiedenen Formen, aber es
ist meistens zu Hause – sehr oft im eigenen Schlafzimmer –
in dem einzelne Mädchen und Frauen sexuelle Gewalt durch Männer
erleben.
Pornographie- und Prostitutionsgegner spielen den konservativen,
religiösen Kräften in die Hände.
Nein, es ist anders. Es gibt viele (schwedische und internationale) Studien,
die zeigen, dass Sexkäufer mehr Pornographie konsumieren als andere.
Und eine amerikanische Studie zeigt, je religiöser
und konservativer ein Mann ist, umso wahrscheinlicher konsumiert er Internetpornographie.
Im Mormonen-Staat Utah wird am meisten Internetpornographie konsumiert.*
Die Porno- und Prostitutionsindustrie hat also in Wirklichkeit
viel mit den christlichen Rechten gemeinsam: sie basieren alle auf Puritanismus
und Doppelmoral sowie auf der Vorstellung, dass Sexualität zu männlichen
Bedingungen ablaufen soll.
Diese Sicht auf Sexualität lehnen wir Feminist_innen
ab – bei den christlich-rechten und bei den Prostitutionsverherrlichern.
Jetzt willst du mir DEINE Moral aufdrängen.
Selbstverständlich wünsche ich mir, dass du und alle anderen
ebenfalls denken, dass niemand einen anderen Menschen kaufen sollte. Es
geht um wesentliche menschliche Werte, um das Frauenbild und das Männerbild.
Aber ich möchte dir keine Ansichten aufdrängen.
Was mir wichtig ist, sind jedoch nicht deine – oder andere individuelle
– Meinungen. Ich beanspruche jedoch das Recht für eine Gesellschaft
zu kämpfen, die Stellung bezieht gegen Sklaverei in all ihren Facetten,
und in der Frauen als Menschen betrachtet
werden – und für die Menschenrechte gelten.
Wer Prostitution ablehnt möchte Sexualität
beschränken.
Umgekehrt! Wenn wir alles ignorieren was Prostitution
tatsächlich ist (obwohl das selbstverständlich nicht
geht) und uns nur den „Sex" an sich betrachten – gibt
es beschränkteren Sex als Prostitution? Für mich ist gekaufter
Sex gehemmt und abgestumpft. Was könnte langweiliger und beschränkter
sein als Sex mit Null Freiheit und Spontanität, nichts anderers als
das was der Mann bestellt und bezahlt hat, Geld in Vorkasse, und das wars?
ICH BIN AUCH GEGEN PROSTITUTINON, weil ich
es nicht ertrage, dass der Kommerz sogar die menschliche Sexualität
ein-und übernehmen will. Ich mag spontanen Sex!
Viele Leute meinen instinktiv, das Sexualiteät etwas biologisches
ist. Aber eigentlich ist nur der Sexualtrieb
biologisch – was wir sexuell tun, die Sexlust an sich und das was
uns anturnt wird erst geformt – sowohl von zeitigen sexuellen Erlebnissen
als auch von der Gesellschaft und der Zeit in der wir leben.
Deshalb sind auch viele der Meinung, dass die Sexualität
eine „soziale Konstruktion ist”. Leider bleibt es oft nur
bei einer Diskussion und nur wenige Menschen diskutieren das Thema –
darüber, wer den Sex konstruiert
und wie.
Uns fehlen die Begriffe
Die Sexualliberalen reden oft über Sex als etwas durch und durch
positives. Doch das macht es schwieriger die sexualisierte Machtausübung,
wie z.B. gleitende Genzüberschreitungen
zu verstehen, bei der es beim Sex anfangs angenehm ist, dann aber in regelrechte
sexuelle Gewalt/Verbrechen – oft von nahestehenden Jungs/Männer
– übergleitet. Es gibt ja auch keine Bezeichnung für negative
sexuelle Erregung, die eine Kränkung noch tiefer empfinden
lassen kann, z.B. in den Fällen, bei denen ein Verbrecher dich sexuell
auf sexuelle Gewalt reagieren lassen hat.
Desshalb ist es wichtig, gegen Puritanismus
zu arbeiten, der im Takt mit der Verbreitung der Pornographie in Schweden
immer stärker geworden ist. Wir müssen Worte
für alle unsere sexuellen Gefühle finden – positive
und negative. Denn wenn wir in Worten beschreiben
können, was uns widerfährt, dann können wir es auch
verstehen.
Die Reise in meine eigene Sexualität
Die Sexualität kann eine sehr starke und heftig ergreifende Triebkraft
im Leben sein. Sie kann dir Kraft und Stärke, Genuss und Lust geben,
sie kann deinem Körper und deiner Seele gut tun, dich gut schlafen
lassen und dir Energie geben, das zu tun, was du gern möchtest. Doch
sie kann auch destruktiv sein und dir schaden. Oder nur ein „Gähnen”
dazwischen sein. Sie kann auch von anderen ausgenutzt werden.
Deshalb ist es wichtig sich über die eigene Sexualität
Gedanken zu machen, warum sie so ist wie sie ist und ob ich es so haben
möchte.
Anturner – Macht & Unterordnung
Die sexuelle Norm in unserer Gesellschaft ist heterosexuell. Abgesehen
davon ob wir uns als hetero-, homo- oder bisexuell betrachten, wird
uns allen auch beigebracht, die Vorstellungen
von Gegensätzen anturnend zu empfinden. Alle Normen der Geschlechter,
alles was weiblich respektive männlich dargestellt wird, wird sexualisiert
– inklusive die verschobene und ungleiche Machtverteilung der Geschlechter
in einer Gesellschaft. Im Patriarchat ist es die Machtstellung des heterosexuellen
Mannes, die im Grundbild, was Sex „ist”, eingewebt wird.
Jungen werden in eine Gesellschaft hineingeboren, in
der sie lernen, dass Sex von ihrem Trieb und ihren Bedürfnissen ausgeht,
während Mädchen lernen, ihren Körper als etwas zu sehen,
der geformt werden kann/soll, um die Sexualität der Jungen zu wecken
– also für jemand anderen. Er lernt, sich als Subjekt, sie
sich als Objekt zu betrachten.
Nun leben wir auch in einer Welt, in der alles immer
mehr zum Kommerz wird, auch die Relationen zwischen Menschen. Sogar wenn
es um mitmenschliche/humanitäre Pflege und Betreuung geht, werden
Worte wie „Ware und Dienstleistung” angewendet.
Dies beeinflusst natürlich auch unsere Sexualität,
so dass diese auch oft als etwas gesehen wird, was konsumiert werden kann,
anstatt sie als einen gegenseitigen sexuellen
Austausch – einen langen oder kurzen
- zwischen Menschen zu sehen.
Prostitution
In einer Gesellschaft mit einem solchen patriarchalen Konsum-Trend wird
die Prostitution eine Selbstverständlichkeit. Je mehr der Frauenkörper
objektiviert wird, desto mehr wird er auch zu einer Ware. Und ein Körper,
der eine Ware ist, gehört dem Käufer.
Genau deshalb waren Feminist_innen zu allen Zeiten in
der Geschichte gegen Prostitution, gegen die Ojektivierung der Frau, gegen
die Sexualnorm des Patriarchates und für das Recht der Frau auf ihre
eigene Sexualität.
Männer gehen zu Prostituierten weil sie eine Frau
wollen, die Spaß am Sex hat.
Nein. Es ist ein totaler Widerspruch in sich zu behaupten, dass Männer
Prostituierte kaufen um jemanden zu finden, der wirklich Sex mit ihnen
will. Wenn ein Mann wirklich sicher gehen
wollte, dass er es mit einer Frau zu tun hat, die „den Sex genießt",
würde er niemals dafür zahlen. Er würde sich nach einer
Frau umschauen, die es tut weil sie es tun möchte, nicht weil sie
dafür bezahlt wird.
Diejenigen, die gegen Prostitution sind, tun immer so
als müsste Sex immer toll „magisch" sein.
Dabei ist es doch ein Vorgang wie jeder andere.
Nein, ich denke nicht, dass Sex selbst etwas magisches
ist (nur manchmal!).
Aber er ist auch kein Vorgang wie jeder andere. Unsere Sexualität
ist ein mit unserer Persönlichkeit verflochtener Teil unserer selbst.
Dich selbst als homo-, hetero- oder bisexuellen zu verstehen, spielt oftmals
eine große Rolle bezüglich deiner Identität,
um ein Beispiel zu nennen.
Unsere Sexualität, Anturner und Abturner, beinhaltet
unsere Erinnerungen von unseren früheren sexuellen Erlebnissen. Unsere
sexuellen Erfahrungen wirken sich in unserer Persönlichkeit aus –
auch wenn so manche Sexerlebnisse in Vergessenheit geraten, weil sie uns
nicht gross berührt haben.
Du kannst es nicht verleugnen: Unsere Sexualität
ist ein Teil unserer Persönlichkeit.
Wenn sie nun mal Sex mag und damit Geld verdienen will,
wo ist das Problem?
Weibliche Sexualität beschränkt sich nicht darin nur Männer
zu befriedigen – auch wenn du als Prostituierte in Gegenwart eines
Sexkäufers so tust als ob. Guter Sex beruht auf wechselseitiger
Lust, egal ob mit einem Fremden oder mit jemandem, mit dem du seit
30 Jahren zusammenlebst. Prostitution, auf der anderen Seite, beschränkt
sich auf den „Sex", den der Mann bestellt und für den
er bezahlt – ganz egal wer sie ist oder was sie möchte oder
nicht möchte.
Genau das ist das Problem. Prostitution ist sexueller
Missbrauch, meistens von Männern gegen Frauen. Als Feministin bin
ich dagegen!
Wo ist der Unterschied zwischen Prostitution und dem
Pärchen, das in die Betten fällt, nachdem er ihr den ganzen
Abend ihre Drinks bezahlt hat?
Mit dieser Frage sprichst du Frauen ihre eigene Sexualität ab. Es
scheint, dass du glaubst, dass Frauen keine eigene Lust haben, sondern
für die Lust und Triebe der Männer empfänglich werden,
vorausgesetzt, dass er bezahlt - ob mit Geld oder Drinks.
Die schwedische Journalistin Annika N. Lindquist sagt
dazu:
Prostitution (die in den meisten Fällen weltweit
darin besteht, dass Männer die Körper von Frauen kaufen) baut
auf einem faden, alten Moralismus und der Weigerung der Anerkennung der
eigenen Sexualität der Frauen.
Eine Gesellschaft mit weitverbreiteter Prostitution
ist nichts für uns, die wir es gerne und kostenlos mit jemandem unserer
Wahl tun.*
Wenn du gegen Prostitution bist, bist du gegen Sex.
Nein, ganz im Gegenteil! Wenn du Sex magst, solltest du Prostitution ablehnen.
Um es mit der schwedischen Autorin Louise Eek zu sagen:
Es scheint, dass es nicht „cool” ist, gegen
Prostitution zu sein. Es scheint mehr „cool” dafür zu
sein, dass Menschen den Zugang zum eigenen Körper verkaufen müssen.
Ich persönlich bin gegen jede Form der Ausbeutung, ob bewusste oder
unbewusste. Ich mag es nicht, wenn jegliche Menschlichkeit entfällt.
Ich bevorzuge es Liebe zu machen, uns unsere Gehirne rauszuficken, Sex
oft oder selten zu haben, was auch immer. Aber: Es zu tun, weil wir es
wirklich möchten – nicht weil dich jemand dafür bezahlt,
dass du seine Bedürfnisse befriedigst.*
In diesem Heft haben wir versucht, die am häufigsten verwendeten Argumente,
die wir über Prostitution gehört haben, zu beantworten.
Doch abschliessend möchten wir es noch von der anderen Seite aus schildern:
Nachstehend unsere eigenen
Anlässe und Gründe gegen Prostitution und für das Sexkaufverbot
zu sein.
1. Prostitution ist sexualisierte Macht. Macht
geht vom Geschlecht aus, Macht geht von der Gesellschaftsklasse aus, Macht
geht von der Etnizität aus.
2. Die Ursache der Prostitution ist
der sexuelle Missbrauch von Kindern. Die Mehrzahl aller Prostituierten
haben vor dem Einstieg in die Prostitution sexuelle Missbrauchserfahrungen
und das Eintrittsalter in die Prostitution liegt oft um das jugendliche
Alter von 14 Jahren.
3. Prostitution schadet Frauen. Frauen in der
Prostitution werden oft sexueller Gewalt ausgesetzt, riskieren Geschlechtskrankheiten
und psychisch traumatisiert zu werden. Ausserdem schadet es allen Frauen,
dass sie untergeordnet und käuflich sind.
4. Prostitution ist eine Methode der
Unterdrückung. Männer kaufen sich Zugang zu Frauenkörper
und belegen diejenigen, die sie ausnutzen mit Scham- und Schuldgefühlen.
Gleichzeitig wird allen Mädchen und Frauen der Lebensfreiraum durch
die Vorstellung von „Hure und Jungfrau” begrenzt.
5. Prostitution ist Imperalismus.
Männer vom Westen vergewaltigen Frauen und Kinder in der dritten Welt
– einige Männer reisen dorthin, andere kaufen Opfer des Menschenhandels
zu Hause. Es ist auch kein Zufall, dass so viele Frauen, die in der Prostitution
ausgenutzt werden z.B. in Kanada, Sydamerika, New Zeeland und Afrika auch
deren Ursprungsbefölkerung angehören.
6. Die Prostitution nimmt Frauen das Recht zu ihrern
eigenen Körpern. Jungs lernen das Recht auf Sex, zu Frauenkörper
zu haben, Mädchen lernen, dass sie Körper haben, die zu Formen
sind um die Jungs anzuturnen. Von Männern wird erwartet sich als Subjekt,
Frauen sich als Objekt zu betrachten.
7. Eine Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern
kann nicht Wirklichkeit werden, solange Männer Frauen kaufen können.
Prostitution trägt zur Objektifierung von Frauen und der Kommersialisierung
der Sexualität bei.
8. Die Prostitution sabotiert eine lustvolle Sexualität.
Prostitution trägt zur Objektifierung von Frauen und der Kommersialisierung
der Sexualität bei.
9. Die Prostituierten zu kriminalisieren würde bedeuten,
es strafbar zu machen, ein Opfer von sexueller Gewalt zu sein.
10. Die Prostitutionstäter nicht zu kriminalisieren bedeutet, die in
diesem Heft beschriebene Unterdrückung zu akzeptieren.
Hoffentlich hat dir unsere Argumenten-Sammlung
Mut gemacht und dir Anregung zum Weiterdiskutieren gegeben. Vergiss nicht,
dass du das Recht auf deine eigene Meinung hast, auch wenn du keine Worte
dafür findest.
• Bericht
der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Gesetzes zur Regelung der
Rechtsverhältnisse der Prostituierten (Prostitutionsgesetz –
ProstG), von Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend, 2007.
• Global Report on
Trafficking in Persons, UNODC, 2009.
• Legalizing Prostitution is not the Answer,
The example of Victoria, Australia, by Mary Sullivan and Sheila Jeffreys,
Coalition Against Trafficking in Women, CATW, 2001.
• Men who buy sex – Who they buy and what
they know, by Melissa Farley, Julie Bindel und Jacqueline M.
Golding. Research report from Eaves in London and Prostitution Research
& Education in San Francisco, 2009.
• Not for sale. Feminists Resisting Prostitution
and Pornography. Red. Rebecca Whisnant & Christine Stark. Spinifex,
2004.
• Policing public women. The regulation
of prostitution in Stockholm 1812-1880 by Yvonne Svanström. Atlas,
2000.
• Report by the Federal Government on the Impact
of the Act Regulating the Legal Situation of Prostitutes (Prostitution
Act), by Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend,
2007.
• Report of the Prostitution Law Review Committee
on the Operation of the Prostitution Reform Act (PRA) 2003. Report
from the Ministry of Justice in New Zealand, 2008.
• Study on National Legislation on Prostitution
and the Trafficking in Women and Children, by Andrea de Nicola,
Isabella Orfano, Andrea Cauduro and Nicoletta Conci. Transcrime, for
the European Parliament 2004-2005.
• The Legalization of Prostitution: Myth and
Reality, A Comparative Study of Four Countries, by Nomi Levenkron,
Hotline for Migrant Workers, Israel 2007.
• Sex Slavery in our Time. About an industry
that wants to be clean by Marianne Eriksson & Eva-Britt Svensson.
The Red EU special features series, issue 3. GUE/NGL, European Parliament,
2006.
• Situation report 9: Trafficking in human beings
for sexual and other purposes 1 January – 31 December 2006.
RKP report 2007:6b. National Police Board.
• Situation Report 10: Trafficking in human
beings for sexual and other purposes. RPS 2009/2. National Police
Board.
• 24 frågor och svar om prostitution.
Prostitutions- och Spiral-enheten i Stockholm, 2009.
• Från manlig rättighet till lagbrott:
Prostitutionsfrågan i Sverige under 30 år, av Hanna
Olsson. Kvinnovetenskaplig tidskrift 4/06.
• Från våldtäkt och misshandel
till prostitution: Att synliggöra sambanden av R. Amy Elman.
ROKS 1996.
• I sexualitetens gränstrakter –
en studie av ungdomar i Göteborg med omnejd som säljer och
byter sexuella tjänster, av Jonna Abelsson & Anna Hulusjö.
Prostitutionsgruppen Göteborg, 2008.
• Kännedom om prostitution 2007.
Socialstyrelsen, 2007.
• Kön till salu – Om Europas vägval
i prostitutionsfrågan. Pockettidningen R 2-3/2006.
• Människohandel – en kränkning
av mänskliga rättigheter. Fackförbund mot Människohandel,
FMM. Unifem 2009.
• Offentliga kvinnor. Prostitution i Sverige
1812-1918, av Yvonne Svanström. Ordfront förlag, 2006.
• Pornografi och prostitution – sexuella
övergrepp som handelsvara av Gerda Christenson, i red. Lundström/Nordenfors:
Tystnaden är bruten. ROKS, 2001.
• Prostitution. Beskrivning • Analys •
Förslag till åtgärder, av Hanna Olsson m.fl.
sakkunniga i dåvarande prostitutionsutredningen. Publica, 1981.
• Sedligt, renligt, lagligt: prostitution i
Norden 1880-1940, av Anna Jansdotter m.fl. Makadam förlag
2007.
• Rapport 2008:24 Sexuell människohandel.
En fråga om tillgång och efterfrågan. Brå/Brottsförebyggande
rådet, 2008.
• Se mig – Unga om sex och internet.
Ungdomsstyrelsen, 2009.
• SOU 1995:15 Könshandeln. Betänkande
av 1993 års Prostitutionsutredning.
• SOU 2010:49 Förbud mot köp av sexuell
tjänst. En utvärdering 1999-2009.
• Testiklarnas herravälde. Sexualmoralens
historia, av Hjördis Levin. Natur och Kultur, 1989.
• Varat och varan. Prostitution, surrogatmödraskap
och den delade människan, av Kajsa Ekis Ekman. Leopard förlag,
2010.
©
Kvinnofronten, 2013 & 2015.
Text und Gestaltung: Gerda
Christenson.
Deutsche Übersetzung:
Dorit & Rotraud Brorsson.
Arbeitsgruppe: Bettan Andersson, Gerda Christenson,
Åsa Christenson, Annina Claesson, Kim Eldinadotter, Fotini Gerani, Sara
Ström, Amin Wikman & Lisa Åkesson.